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Gewitter: Von der Einzelzelle bis zur Superzelle

Die Gewitterhochsaison in Deutschland geht von Mai bis August. Gewitter ist aber nicht gleich Gewitter, so gibt es etwa Multizellen als auch Superzellen.
Gewitter bei einem Bauernhof. © pixabay.com
Gewitter bei einem Bauernhof. © pixabay.com

Allgemein spricht man von einem Gewitter, sobald ein Donner hörbar ist, während Niederschlag keine Grundvoraussetzung darstellt. Gewitterzellen können unterschiedliche Strukturen aufweisen, zudem fallen sie je nach Windscherung und vertikaler Schichtung der Atmosphäre auch unterschiedlich stark und langlebig aus.

Einzelzelle

Für die Entstehung von Gewittern sind grundsätzlich drei Zutaten notwendig:

  • ausreichend Feuchtigkeit v.a. in der Grundschicht der Atmosphäre (damit Wolken entstehen können)
  • eine potentiell labile Luftschichtung (Konvektion setzt erst ein, wenn ausreichend latente Wärme durch Kondensation freigesetzt wird)
  • einen Auslöser bzw. Hebungsmechanismum, damit die Luft in tiefen Schichten überhaupt zum Aufsteigen gebracht wird (wie beispielsweise eine Kaltfront oder eine bodennahe Windkonvergenz).

Wenn diese Voraussetzungen gegeben sind und Luft aufsteigt, dann beginnt der enthaltene Wasserdampf zu kondensieren. Die dadurch freigesetzte Energie sorgt für weiteren Auftrieb, wodurch sich die allzubekannte Gewitterwolke – auch Cumulonimbus genannt – bilden kann. Durch das Auf- und Abwirbeln kollidieren Wasser-, Eis- und Graupelpartikel miteinander, was zu einer Ladungstrennung führt. Dadurch in manchen Wolkenbereichen eine positive Ladung und in anderen eine negative Ladung. Durch Blitzentladungen kann dieser Ladungsunterschied ausgeglichen werden.

Ein Einzelzellengewitter. © NOAA10kn

Der einsetzende Niederschlag wird von Verdunstungsprozessen begleitet, wodurch Abwinde entstehen. Da Auf- und Abwind jedoch räumlich nicht genügend voneinander getrennt sind, behindern die Abwinde die Aufwinde und kappen die Zufuhr weiterer „Gewitternahrung“ ab. Das Gewitter schwächt sich ab und zerfällt. In der Regel weisen solche Gewitter eine Lebensdauer von etwa 30 bis 45 Minuten auf und werden von Platzregen sowie manchmal auch von kräftigen Böen und kleinem Hagel begleitet.

Gewitter
Eine alleinstehendes Gewitter mit der typischen Amboss-Struktur. © AdobeStock

Multizellen

Gewitter weisen oft eine mehrzellige Struktur auf, damit werden sie per Definition zu einer Multizelle. Diese Gewitter sind insgesamt langlebiger als ordinäre Gewitter und können bei passenden Bedingungen zu großen Gewitterkomplexen heranwachsen: Wenn die Winde in der Höhe eine stärkere Windgeschwindigkeit aufweisen als die Winde in Bodennähe (also wenn es vertikale Windscherung gibt), können bei einem Gewitter die Aufwindzone von der Abwindzone getrennt werden. Dadurch wird die Zufuhr an feuchtwarmer Luft nicht unterbrochen. Bei solchen Gewitterkomplexen kann man in der Regel mehrere Gewitterzellen in unterschiedlichen Entwicklungsstadien beobachten: Vollständig ausgebildete Gewitter, sich neu entwickelnde Zellen sowie auch bereits zerfallende Zellen.

Vereinfachte Dartstellung der Konvektion innerhalb einer Gewitterwolke. © Nikolas Zimmermann
Diese Einzelzelle hat das Potential zur Multizelle heranzuwachsen, da der verwehte Eisschirm  auf etwas Windscherung hindeutet. © N. Zimmermann
Ein Multizellengewitter. © NOAA

Je nach Windscherung, Luftschichtung sowie auch topographischem Einfluss können Multizellen sehr unterschiedliche Strukturen und Verlagerungsrichtungen aufweisen, beispielsweise können sie sich manchmal sogar entgegen der vorherrschenden Windströmung in mittleren Höhen verlagern. Bei starker Windscherung entwickeln sich manchmal sogar mehrere hundert Kilometer lange Gewitterlinien. Multizellen können zu Starkregen, Sturmböen und Hagel führen.

Quellwolken eines Gewitters - pixabay.com
Eine Multizelle. © pixabay.com
Gewitterlinie am IR-Satellitenbild (inkl. Blitze) am 29. Juni 2021.

Superzellen

Superzellen sind deutlich seltener als ordinäre Gewitter bzw. Multizellen, sie sorgen aber oft für erhöhte Unwettergefahr. Es handelt sich dabei um meist langlebige, kräftige und alleinstehende Gewitter, welche einen beständigen rotierenden Aufwind aufweisen („Mesozyklone“). Superzellen entstehen bei ausgeprägter Windscherung: Bei einer starken vertikalen Windzunahme bilden sich nämlich quer zur Strömung horizontal liegende Luftwalzen. Der Aufwind eines entstehenden Gewitters saugt diese Luftwalze ein und kippt ihre Achse in die Senkrechte, wobei sich der Drehimpuls nach und nach auf den gesamten Aufwindbereich überträgt. Auf Zeitraffern lässt sich diese dadurch erkennen, dass die Gewitterwolke um eine vertikale Achse rotiert.


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Die Zufuhr feuchtwarmer Luft wird dabei durch den räumlich getrennten Abwindbereich, in dem der Niederschlag ausfällt, nicht gestört. Superzellen können für schwere Sturmböen, Starkregen, großen Hagel und in manchen Fällen auch für Tornados sorgen.  Superzellen präsentieren sich aber je nach Feuchtigkeitsangebot unterschiedlich, so gibt es LP-Superzellen (low precipitation, siehe auch Zeitraffer oben), klassische Superzellen und HP-Superzellen (high precipitation, siehe Zeitraffer unten).

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Titelbild: Superzelle über Wien am 12. August 2019 © M. Spatzierer